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Retterin der Nacht (2. Kapitel)

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Malintra-Shadowmoon's avatar
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Nach dem ersten Hahnenschrei war Arma nach Hause gegangen, und da es schon den ganzen Tag regnete, war Lómarátien im Haus geblieben, um ihrer Mutter zu helfen, Strümpfe zu stopfen und Kleider zu flicken. Kurz vor der Mittagsstunde klopfte es an der Tür. Lómarátien legte ein Hemd und eine Nähnadel beiseite und öffnete die Tür. Triefend naß vom Regen stand der alte Mann, der Lómarátien damals der Stadt gezeigt hatte, vor der Tür. "Guten Tag, Fräulein Lómarátien", sagte er und zog höflich seine Mütze. "Kommen Sie herein, Herr Marlon", entgegnete sie ihm, und er trat ins Haus. Saraj machte sich sofort daran, ein wenig Suppe aufzuwärmen, und der alte Marlon setzte sich mit einem Stuhl ans Feuer.

Rûmus, der am Tisch saß und Pfeife rauchte, fragte: "Was führt dich her, Marlon?" "Nun", sagte der alte Marlon, "ich bin im Auftrag des Königs hier." Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, fiel Saraj der Holzlöffel in den Topf, und auch Lómarátien legte überrascht das Nähzeug weg und schaute den alten Mann an. "Weswegen schickt dich der König zu uns, Marlon?", fragte Rûmus erneut und versuchte seine Neugier zu verstecken, indem er einen kräftigen Zug aus seiner Pfeife nahm. "Nun", fing der alte Mann wieder an, "unsere Hoheit wünscht Lómarátien zu sprechen." Nun mußte Rûmus mächtig husten, und der alte Marlon klopfte ihm auf den Rücken. "Wa... Was?", hustete Rûmus und Saraj stellte eine dampfende Schüssel Suppe vor Marlon ab, der ihr dankend zunickte und einen großen Schluck nahm, bevor er Rûmus antwortete. "Der König wünscht Lómarátien zu sprechen. Das ist alles, was ich weiß und was mir aufgetragen wurde, zu sagen." Saraj und Rûmus schauten sich ernst an. "Ich soll sie gleich hoch zur Halle führen", sagte der alte Marlon und trank die Suppe leer. Lómarátien, die die ganze Zeit still gewesen war, stand ohne zu zögern auf und zog sich einen warmen Schaffellmantel über. "Dann will ich den König nicht warten lassen", sagte sie. Der alte Marlon stand auf und ging mit ihr zur Tür. "Zum Abendessen werde ich wieder da sein", sagte Lómarátien zu ihren Eltern, obwohl sie es selbst gar nicht wußte und ging hinaus. Ihre Eltern schauten den beiden verwirrt nach.

Der König bewohnte die Halle. In Kamtatûl gab es keine Burg oder ähnliches, nur die Halle. In der Halle empfing der König seine Gäste zu Feiern oder wie in diesem Fall einzelne Menschen, und dort stand auch sein Thron. Von dort regierte er das Land, Lommanon. Es war sehr groß, und kein Mensch war bekannt, der je das gesamte Land durchquert hatte. Niemand wußte, ob außerhalb etwas lag. Doch trotz, oder gerade weil das Land so groß war, lebten die meisten Menschen in Kamtatûl. Kamtatûl war die einzige Stadt. Ansonsten gab es nur vereinzelte Dörfer, von welchen die entlegensten ungefähr einen Tagesritt entfernt waren. Daß die meisten Menschen in Kamtatûl wohnten, lag daran, daß die Stadt der sicherste Ort war, denn des Nachts trieben sich meist böse Gestalten herum und schon viele Menschen waren zu Tode gekommen. Alle fürchteten die Nacht, denn sie war dunkel und still und kalt.

Lómarátien und der alte Marlon waren vor der Halle angekommen und der Wächter ließ sie ohne nach dem Grund ihres Eintreffens zu fragen, eintreten. Der Thron, auf dem der König saß, befand sich am anderen Ende der Halle. Die Säulen, rechts und links des Ganges, waren aus dunklem Holz gearbeitet und goldene Linien waren darauf zu sehen. Ansonsten war die Halle aus gewöhnlichem Stein gebaut und der Thron des Königs aus Eiche, ohne viele Verzierungen.

Als sie vor dem Thron angelangt waren, knieten sie beide nieder, und der alte Marlon sagte: "Hoheit, hier ist Lómarátien, nach welcher Ihr geschickt habt." Sie erhoben sich wieder, und der König sagte zuerst nichts. Er beschaute sich nur Lómarátien, als hätte er sie noch nie gesehen, und tatsächlich hatte er sie auch noch nie gesehen, denn der König verließ selten die Halle. "Ich danke dir, Marlon, daß du das Mädchen hergebracht hast und nun gehe", sagte der König, ohne seinen Blick von Lómarátien abzuwenden. Der alte Marlon verbeugte sich und verließ dann die Halle. Da der König keine Anstalten machte, etwas zu sagen, fing Lómarátien an zu reden: "Entschuldigt, Euer Hoheit, aber mir schien, daß Ihr mir Wichtiges sagen wollt, denn, warum sonst hättet Ihr mich herrufen sollen? Doch nun sagt Ihr nichts. Warum also habt Ihr mich gerufen?" Der König fing an zu lachen und sagte schließlich: "Ihr seid mutig, Lómarátien, so mit Eurem König zu reden. Dafür könnte ich Euch ins Gefängnis werfen lassen. Doch Ihr seid nicht gekommen, um mir Eure Kühnheit zu zeigen. Nein, ich muß Euch etwas offenbaren." Er hielt kurz inne, um Lómarátiens Reaktion zu sehen, doch sie blickte ihn, ohne jegliche Überraschung zu zeigen, an. Also fuhr er fort: "Sicherlich habt Ihr Euch schon gefragt, woher Ihr den blauen Stein habt." Nun zeigte Lómarátien doch ihre Verwirrtheit, und sie holte die Mondträne aus ihrer Tasche. Sie leuchtete immer noch. Der König nickte ihr lächelnd zu. Er war schon sehr alt, doch war er noch kräftig und auch sonst "gut beisammen", wie die Menschen zu sagen pflegten. "Meine Eltern haben ihn im See gefunden", sagte Lómarátien leise. "Nein", sagte der König bestimmt. "Es ist eine Mondträne." Tatsächlich, zum ersten Mal fiel Lómarátien die Tränenform des blauen Steines auf. "Aber warum besitze ich die Mondträne?", fragte sie. "Deswegen habe ich nach dir schicken lassen. Du bist unsere Retterin, Lómarátien. Bei deiner Geburt fiel die Träne vom Mond direkt in deinen Schoß. Wir waren alle verwirrt, daß du ein Mädchen warst, denn wir erwarteten einen Jungen, doch du mußtest die Auserwählte sein, daran bestand kein Zweifel. Und nun, da du herangewachsen bist, mußt du dich deiner Aufgabe stellen." "Was ist meine Aufgabe?" "Ich weiß es nicht." Lómarátien schaute den König an, als ob er einen schlechten Scherz mit ihr getrieben hatte. "Laßt es mich erklären", sagte er. "Unsere Erinnerungen sind alle verblaßt, nur die Erinnerung der Geburt eines Retters wurde nicht vergessen. Was Ihr retten sollt? Ich weiß es nicht, aber wenn Euch die Aufgabe gelingt, dann werden wir es wissen." Er lachte bitter. "Ich kann Euch nur einen Rat geben, welcher von König zu König weitergegeben wurde: Ist der Retter geboren, schicke ihn zum Hüter der Sterne." "Wo werde ich den Hüter finden?", fragte Lómarátien. "Ich weiß es nicht, aber der Rat ist noch nicht zu Ende: Der Retter wird den Hüter im Norden finden. Im Dunkel." Der König lehnte sich in seinem Thron zurück und kraulte nachdenklich seinen kurzen Bart. Lómarátien stand starr da und dachte darüber nach, was sie soeben erfahren hatte.

Sie war eine Auserwählte. Doch wußte sie nicht, wofür sie auserwählt war. Den Hüter der Sterne finden? Wie? Was mußte sie tun? Wie sollte sie die Aufgabe angehen, wenn sie nicht wußte, wie? War sie überhaupt mutig genug? Und stark genug? Lómarátien war sehr verwirrt, doch insgeheim wußte sie, daß sie bereit war. Vielleicht war sie deswegen so anders, wie die anderen Mädchen? "Wann muß ich aufbrechen?", fragte sie mit fester Stimme wobei sie die Mondträne fest in ihrer Faust hielt. "Am besten morgen. Vor Anbruch des Tages. Es soll nur so viel Aufruhr wie nötig geben, also sagt niemandem ein Wort davon, außer Euren Eltern." Lómarátien nickte. "Viel Glück", sagte der König´, und Lómarátien drehte sich um und verließ die Halle.

Nachdenklich lief sie durch den Regen nach Hause. Als sie in das warme Haus eintrat, bemerkte sie, daß sie weinte.
The old man, Marlon, that held her up into the air when Lómarátien was born, came one day to fetch her to see the king. So she came with him into the Hall of Kamtatûl, the only city in the country Lommanon. The king told Lómarátien about the moon-tear she was wearing and that she was chosen by it as the Saviour. He suggested her to look for the Keeper of the Stars high up in the north. She went back home in the rain, weeping.

Hope again it will help.
© 2012 - 2024 Malintra-Shadowmoon
Comments5
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La-Nee's avatar
Dieses Kapitel steht im Widerspruch zum Ersten, da sagst du aus:
"Sie war keineswegs ein Mädchen, welches artig zu Hause saß und die Hausarbeit tat." Trotzdem stopft sie jetzt artig Socken?
"An jenem Morgen ritt Lómarátien wie gewöhnlich mit ihren Freunden aus, um das Kämpfen zu üben. Es war zwar Winter, doch sie übten zu jedes Jahreszeit, auch wenn es noch so kalt war." Wenn Winter sie nicht schreckt, wieso dann Regen?

Der dritte Absatz wirkt auch widersprüchlich. "Es war sehr groß, und kein Mensch war bekannt, der je das gesamte Land durchquert hatte." vs. "Ansonsten gab es nur vereinzelte Dörfer, von welchen die entlegensten ungefähr einen Tagesritt entfernt waren." Wenn das Land so groß ist, dass niemand es durchquert hat, wie können dann die entlegensten Dörfer nur einen Tagesritt entfernt liegen? Ist das restliche, riesige Land unbesiedelt?

Im letzten Absatz ist mir noch etwas aufgefallen; eine Verwechslung von "wie" und "als": "Vielleicht war sie deswegen so anders als die anderen Mädchen?"

Ich habe gerade bemerkt, dass die Geschichte bereits komplett ist, du könntest vllt Links zu den anderen Kapiteln im Autorenkommentar einfügen (oder auch nur zum Vorherigen und dem Folgenden).