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Retterin der Nacht (10. Kapitel)

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Malintra-Shadowmoon's avatar
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"Ich bin alt, sehr alt, und ich habe gelernt damit zu leben, daß ich entstellt bin. Doch als ich noch jung war, war es nicht leicht für mich, es zu ertragen. Ich wurde ausgelacht und verstoßen. Wenn sie jedoch meine Hilfe brauchten, kamen sie angekrochen, denn ich war der größte und stärkste Wolf, der je auf Erden gelebt hat, und das bin ich immer noch. Ich konnte es nicht mehr länger ertragen, und so zog ich mich ins Gebirge, in diese Höhle, zurück. Niemand vermißte mich, und ich vermißte ebenfalls niemanden. Viele einsame Jahre lebte ich hier, und nur des Nachts kam ich heraus, und jede Nacht sah ich mir die Sterne an, wie sie am Himmel funkelten, und sie lachten mich nicht aus. Ab und zu ging ich in den Grauen Wäldern umher und dort traf ich diesen ... Elfen." Dieses letzte Wort sprach Kàrtuj mit soviel Wut und Zorn aus, wie es noch nicht einmal Inárion getan hatte, als er Lómarátien von dem Wolf erzählte. "Ich bat ihn, mir die Sternenväter zu zeigen, doch er verwehrte es mir. Immer wieder bat ich ihn darum, sie mir nur einen winzigen Augenblick zu zeigen, aber er sagte immer 'Nein'. Ich wurde böse. Warum durfte ich sie nicht sehen? Es war ungerecht und eines Nachts, als er in den Wäldern spazierte, holte ich sie mir und nahm sie mit in meine Höhle. Seitdem habe ich die Höhle nie wieder verlassen." Stille. "Ich hatte ein Recht darauf", fügte er noch hinzu. Fast hätte Lómarátien Mitleid mit Kàrtuj gehabt, doch seine Tat war durch nichts zu entschuldigen. Sie sagte nichts, sondern stand nur da, das Schwert in der Hand. "Habt Erbarmen mit einem alten Wolf", sagte er, doch Lómarátien erkannte seine Heuchelei. Sie hob ihr Schwert, und der Wolf winselte. "Nehmt sie!", rief er. "Nehmt sie!" Lómarátien ließ ihr Schwert sinken. Konnte sie ihm trauen? Vielleicht verspürte er wirklich Reue.

Ohne den Wolf aus den Augen zu lassen, bückte sich Lómarátien und steckte die Steine in ihre Tasche. Ihr Licht war so hell, daß es sogar durch den Stoff der Tasche die Höhle erleuchtete. Der Wolf lag auf dem Boden und winselte. "Wagt es nicht wieder, in die Nähe der Sterne zu kommen", sagte sie zu ihm und ging zu dem Weg, von dem sie gekommen war.

"Soll das meine Aufgabe gewesen sein?", dachte sie, und in demselben Augenblick wurde sie von hinten angesprungen und sie fiel zu Boden, ihr Schwert wurde an die Wand geschleudert. "Habt ihr geglaubt, ich lasse Euch einfach so gehen?", knurrte Kàrtuj. Er hatte sie hereingelegt. Wie hatte sie nur so dumm sein und auf seine Heuchelei hereinfallen können? Das Gewicht des Wolfes erdrückte Lómarátien fast, doch sie hatte noch eine Hand frei, mit welcher sie einen Stern aus ihrer Tasche holte und dem Wolf direkt vor sein scheußliches Gesicht hielt. Geblendet von dem Licht, lockerte Kàruj seinen Griff, und Lómarátien rollte sich geschickt unter dem Wolf hervor. Sie rannte zu der Wand, wo ihr Schwert lag, doch schon nach wenigen Schritten hörte sie den Wolf hinter sich knurren. Sie drehte sich um und sah, wie er auf sie zusprang. Lómarátien wich aus und rammte ihm ihr kleines Messer in den Rücken. Kàrtuj heulte auf, doch er drehte sich um und brüllte so laut, daß einige Steine von der Decke fielen. Er sprang auf Lómarátien zu, aber diese wich ihm abermals aus, und er erwischte sie nur noch mit seinen scharfen Klauen am Arm, so daß sie drei klaffende Risse in ihrer Haut hatte. Lómarátien schrie, ließ ihr Messer fallen und hielt sich die Wunde zu, doch sofort sprang sie zu ihrem Schwert, hob es auf und nahm es in die Hand. Zum Glück hatte der Wolf ihren linken Arm erwischt und nicht ihre Schwerthand, denn so konnte sie trotz des Schmerzes ihr Schwert fest in der Hand halten. Tränen und Schweiß rannen ihr übers Gesicht, aber sie stand standhaft dem Wolf gegenüber. Wieder sprang er auf sie zu, doch dieses Mal hob Lómarátien ihr Schwert und rammte es ihm direkt in die Brust. Kàrtujs Geschrei war ohrenbetäubend. Lómarátien zog das Schwert mit einem Ruck aus seiner Brust und sein Körper fiel zu Boden. Sie schaute ihn einen Moment lang an und wollte dann so schnell wie möglich aus der Höhle verschwinden. Doch als sie sich umdrehte, erhob sich Kàrtuj ein letztes Mal und schlug ihr mit seiner Pranke auf den Rücken. Lómarátien fiel schreiend vorwärts, während Kàrtujs Klauen, die sich in ihr Fleisch gebohrt hatten, ihren Rücken aufrissen. Dann wurde sie ohnmächtig.

Lómarátien öffnete ihre Augen. Sie lag noch in der Höhle. Die Steine in ihrer Tasche erhellten den Raum, wie sie es zuvor getan hatten. Sie wollte sich aufrichten, doch ihr Rücken und ihr linker Arm schmerzten so stark, daß sie stöhnend wieder zu Boden fiel. Aus den Augenwinkeln sah sie den leblosen Wolfskörper hinter sich liegen. War er tot? Er bewegte sich nicht. Lómarátien ließ ihren gesunden Arm zu ihrer Tasche wandern. Sie fühlte die Mondträne, nahm sie in die Hand und hielt sie vor ihr Gesicht. Angestrengt dachte sie an Inárion, und sofort fing die Träne an zu leuchten. Sie sah verschwommen Inárions Gesicht. "Hilfe", flüsterte sie und fiel erneut in Dunkelheit.

Als sie wieder aufwachte, sah sie, daß sie immer noch in der Höhle lag, doch ihre Wunden schmerzten nicht mehr allzu stark. Sie konnte sich aufrichten. Als sie ihre Armwunde befühlte, merkte sie, daß sie nicht mehr blutete. Sie war sogar schon etwas verheilt. Lómarátien biß ihre Zähne zusammen und stand auf. Ihr Rücken spannte. Wie lange mußte sie schon hier liegen, wenn ihre Wunden schon fast verheilt waren? "Darüber muß ich mir später Gedanken machen", dachte sie. Sie sammelte ihre Sachen auf und steckte das blutige Schwert in die Scheide. Einen letzten Blick warf sie auf Kàrtuj, dann verschwand sie im Gang, bevor er wieder erwachte. Doch, was Lómarátien nicht wußte: Kàrtuj war tot. Sie hatte ihn getötet.

Lómarátien rannte durch das Labyrinth. Schon nach kurzer Zeit kam sie an der Mulde vorbei, in welcher sie ihre restlichen Dinge verstaut hatte. Sie zog ihren Mantel an und verstaute den Proviant wieder in der Tasche. Er schien noch nicht verdorben zu sein, also hatte sie nicht so lange in der Höhle gelegen, wie sie es vermutete. Ohne darüber nachzudenken, wohin sie lief, rannte sie das Labyrinth entlang. Sie nahm den richtigen Weg und gelangte zum Eingang der Höhle. Es war Tag. Der Mittag war noch nicht angebrochen. Die Sonne schien und nur ein schwacher Wind wehte. Lómarátien hielt kurz an, um einen Schluck zu trinken, dann lief sie weiter, den Weg zurück, den sie gekommen war. Sie rannte und rannte und hielt noch nicht einmal an, als sie an der Stelle vorbeikam, an der sie das Meer gesehen hatte. Die ganze Zeit schaute sie sich um, denn sie befürchtete, daß Kàrtuj ihr folgen würde.

Als es langsam Abend wurde, war Lómarátien schon an dem Weg angelangt, an welchem sie ihr Pferd hatte zurücklassen müssen. Vor der Felswand stoppte sie und ging langsam den Durchgang hindurch, auf das Schlimmste gefaßt. Doch ihre Stute stand an der Wegseite und fraß das Essen, das Lómarátien ihr dagelassen hatte. Lómarátien stürmte auf das Pferd zu und umarmte es. Wiehernd stupste das Pferd Lómarátien an. "Ich bin zurück, meine Liebe", flüsterte sie. Nachdem sie es ein wenig gestreichelt hatte, sagte sie "Komm", nahm es an den Zügeln und führte es weiter, den Weg entlang.
Chapter 10: The wolf told some invented story to Lómarátien to raise her pity and trust. Amazingly, he let her also take the jewels with her. But when she reached the entrance of the cave, he attacked her from behind. She was wounded but at last killed Kàrtuj. Exhausted she thought of Inárion and cried for help.
When she woke up again her wounds were nearly healed. The wolf's corpse was lying there but she did not know that he was already dead. So she ran back to fetch her things until she came to her horse, still standing there where she left it, eating some of the provisions. She still feared an attack from Kàrtuj's part.
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Comments4
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La-Nee's avatar
Wieso hat Kartuj die List überhaupt nötig? Im letzten Kapitel hat Lomaratien einen Sternenvater aufgehoben, er stand hinter ihr, da hätte sie also schon ein appetitliches Häppchen sein können.

Die Fluchtstelle ist auch unlogisch. Anstatt ihrerseits mit Heimtücke den vermeintlich schlafenden bösen Wolf zu ermorden, riskiert sie einen neuerlichen Angriff ihrerseits? Auch eine Heldin sollte wissen, dass sie nicht schneller rennen kann als ein Wolf. ;)

Ihre Verwunderung über ihre spontane Wundheilung würde nur Sinn ergeben, wenn sie sich nicht mehr daran erinnern kann, über die Träne Hilfe erbeten zu haben.